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Manfred Wimmers Promotion zum 2. Profi-Dan

Black: Manfred Wimmer, 1p time: 5 hours each, no byo-yomi
White: Nagasaki Yuji, 2p komi: no komi
    date: 8. Nov. 1978
result: B+ time place: Osaka?

Mit diesem Spiel errang Manfred Wimmer 1978 den zweiten Profi Rang im Kansai Kiin. S.a. Nachruf Wimmer

Figur 1,Züge 1-50

Schwarz 13 initiert (mit Zugumstellung) das "Wimmer-Joseki", die Abfolge bis 40 ist eine typische Entwicklung. Statt Weiß 20 gäbe es auch folgende Variante:

Diagramm 1

Schwarz 35: Offenbar war Wimmer selbst zu diesem Zeitpunkt noch nicht mit allen Finessen seines Josekis vertraut, denn später in Wien hat er uns oft gescholten, wenn wir Schwarz 35 spielen wollten. Dieser Zug ist Aji-keshi! Wenn Schwarz dazu kommt, auf A zu decken, kann er mit einem Placement auf B noch satten Endgame-Profit erzielen (Weiß muß 24 oder 26 hergeben). Allerdings nur ohne den Abtausch 35-36.

Nach 40 ist eigentlich nicht ersichtlich, was Schwarz mit seiner speziellen Joseki Variante erreicht hat. Jeder weiße Zug in der Gegend um 5 droht, auf C zu schneiden und entweder 37 und 39 oder 15, 17 zu fangen. Daher hat die weiße Gruppe kein Problem, sich im schwarzen Einflußbereich zu setteln. Die weiße Zentrumsgruppe ist mindestens ebenso stark wie die schwarzen Schnittsteine im Zentrum. Die schwarze Gruppe am rechten Rand hingegen ist noch nicht alle Sorgen los. Die Lage ist jedoch noch immer sehr kompliziert. Wimmers Strategie mit diesem "Joseki" beruht also eher auf der Hoffnung, den Gegner zu einem Fehltritt zu verleiten.

Figur 2, Züge 51-100

W-92 auf 67; S-81 auf 76.

In Go World 12 (1979), wo diese Partie kommentiert ist, wird Weiß 64 als Fehler bezeichnet, da dieser Zug nicht unmittelbar den Schnitt C in Figur 1 droht. Allerdings kommt mir der Zug trotzdem sehr groß vor. Zumindest nach Weiß 66 muß Schwarz mit 71 reagieren, sonst droht:

Variante 2

Schwarz 75 sieht gut aus, ist aber ein Fehler, weil durch den Squeeze (W-76 - 80) der Zug Weiß 82 unbedingt Sente ist. Hätte Schwarz mit 75 auf 81 gedeckt, könnte er mit dieser Gruppe auch nach einem Schnitt noch zwei Augen machen (S-83). S-93 ist daher nicht Sente, die schwarze Zentrumsgruppe kann sich nur in Gote ins Freie wursteln und bleibt heavy. Wenn 64 überhaupt ein Fehler war, so ist er jetzt mehr als wettgemacht.

Schwarz 95: besser ein Keima auf den Starpoint.

Figur 3, Züge 100-150

Schwarz 101-113: Schwarz besetzt in dieser Sequenz nur neutrale Punkte, Weiß macht fast von selbst Gebiet am linken Rand.

Schwarz 115: Eine Feinheit am Rande: Dieses Kikashi (forcing move) hat den Nachteil, dass Weiß 116 als Gegen-Kikashi einschieben kann (Schwarz muss 2 Schnittsteine decken, bevor er den Deckungszug 118 erzwingen kann.) Damit wird 120 absolute Sente. Ohne den Abtausch 115-116 würde 120 nur drohen, zwei schwarze Schnittsteine (15 und 17 in Fig. 1) zu schlagen, die zu diesem Zeitpunkt nicht mehr so wertvoll sind. Ein typischer Amateur-Fehler Wimmers, der Kikashis grundsätzlich sehr früh (und oft auch zu früh) ausspielte.

Weiß 124: Besser ein Deckungszug auf A. In der Sequenz bis 140 holt Schwarz wieder ein wenig auf.

Weiß 142: Beginn des Endspiels.

Weiß 148 kreiert unnötige Schwachpunkte, besser auf B.

Figur 4, Züge 151-217

Ko um 65: Weiß 68, 74, 80, 86, 92, 98, 4, 10, 16 rechts von 65.
Schwarz 71, 77, 83, 89, 95, 1, 7, 13 auf 65;

Schwarz 163: Nach 150 scheint die Partie trotz 124 noch immer günstig für Weiß zu stehen. Jedenfalls muß es Wimmer so empfunden haben, denn 163 ist eine Kampfansage, die man nur dann spielen sollte, wenn man im Rückstand ist. Es folgt ein Ko um 165, bei dem Schwarz mehr zu verlieren hat als Weiß. Wahrscheinlich war Wimmer aber auch die Zeitnot seines Gegners bewusst und da kam ein komplizierter Ko-Kampf gerade recht, wie ungünstig er für Schwarz auch sein mochte.

Schwarz 217: Wimmers Strategie ging auf. Weiß verliert nach diesem Zug durch Zeitüberschreitung. Ohne diesen Umstand hätte Weiß mit 218 das Ko auf 165 decken können. Schwarz kann dann mit A leben und droht, das weiße Gebiet zu reduzieren, aber Weiß richtet mit B oder C noch größeren Schaden im schwarzen Gebiet an. Hier kann es noch zu komplizierten Kämpfen und Gebietsabtäuschen kommen, aber Weiss scheint mit satten 5-10 Punkten vorne zu liegen. Wimmers Ko-Strategie war daher ein sogenanntes "Zeit-Tesuji".

In dieser Partie demonstrierte Manfred Wimmer vor allem seine Überlegenheit in psychologischer Kriegsführung, eine Eigenschaft, die ansonsten unter Go-Spielern nicht so häufig anzutreffen ist.
 
PS: Mein Kommentar basiert auf einer Analyse des Spiels in GoWorld 12 (1979).

Pok, November 2003

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Last update: Oct 2005