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Staatsmeisterschaft 2003, Finale, Play-Off

Black: Bernhard Scheid, 5d time: 90 min, byo-yomi: 20/10, 15/5
White: Franz Hüttler, 4d komi: 6,5
    date: 30.11.2003
result: B+ Resign place: WBC

Die Entscheidungspartie um den Staatsmeistertitel, die ausgetragen werden musste, weil sowohl Franz Hüttler als auch ich in der Finalrunde jeweils vier Partien gewonnen und eine verloren hatten.

Figur 1, Züge 1-50

Diagramm 1
Diagramm 2

Weiß 10, 14 Weiß spielt hier ein wenig zu respektvoll.

Schwarz 19: Ein Zug im rechten Eck wäre zwar auch denkbar, aber 19 ist doch zu verlockend.

Weiß 20, 22: Die normale Abfolge wäre Diagramm 1. Schwarz könnte danach die rechte Ecke sichern. Offenbar war Franz dieser Gedanke nicht sympathisch.

Schwarz 23 trennt die beiden weißen Gruppen und droht ein Degiri: S-30, W-42, S-41. (Aus diesem Grund ist der Joseki-Zug in dieser Stellung auch ein Keima auf 41 und nicht W 22). Wie immer Weiß darauf reagiert, Schwarz hat keine Mühe, seine Guppe zu sichern. Weiß 24 und 26 sind ein Versuch, diese Schwäche so aktiv wie möglich zu sichern.

Schwarz 31 droht den Schnittstein 28 mit Treppe zu nehmen, Weiß 32 verhindert dies in Sente und deckt dann auf 34. Ein hektischer Fight ist ausgebrochen.

Schwarz 35: Antwortet Weiß auf 44, so könnte rechts von 28 Atari geben und die 6 Steine 25-35 opfern. Durch den Abtausch 35-44 sind sie gar nicht einfach zu fangen. Auch Seki oder Ko sind denkbar. Schwarz würde dafür Außenstärke bekommen und mit einer Attacke auf 16, 18 und 34 sein Moyo auf der rechten Seite ausbauen. Spielentscheidend wäre dann, ob Schwarz genug Kompensation für das Opfer in der linken Ecke bekommen kann, die Chancen stünden allerdings gar nicht so schlecht. Es ist aber auch denkbar, einfach zu decken und leben zu gehen. Allerdings wird Weiß dadurch an der Außenseite stärker, und die Aussichten auf ein schwarzes Moyo am rechten Rand schwinden - eine klein-klein Partie entsteht...

Nachdem Weiß aber diese Schnittmöglickeit verhindert gerät die Ecke unter Druck.

Weiß 40 scheint der korrekte Zug zu sein. aber...

Weiß 46 ist das Problem. Man könnte diesen Zug sogar als loosing move bezeichnen.

Schwarz 47 ist der vitale Punkt! Wenn Weiß hier spielt, lässt sich die Ecke retten. Die Fortsetzung:

Diagramm 2: Weiß muss hier ein kleines Auge mit 1 und 3 machen. Wenn Schwarz 4 auf 14 spielt, hat Weiß dank der besonderen Ecksituation immer noch sechs Freiheiten und gewinnt das Semeai (Fresskampf) mit der oberen Gruppe. Daher muss Schwarz mit 4 zu seiner Randgruppe verbinden.

Versucht Weiß nun die untere Gruppe mit 5 zu attackieren, so führt die Abfolge bis 14 zu einer Seki-artigen Situation (Weiß kann Schwarz nur durch ein für ihn ungünstiges Ko töten). Schwarz kann jedoch ohne großes Risiko ein Ko um ein zweites Auge spielen (was den automatisch Tod der weißen Ecke zur Folge hätte). Wenn Weiß das mit 15 verhindert, kann Schwarz die zwei Schnittsteine (27 und 33) in Bewegung setzen oder am rechten Rand spielen.

Daher sollte Weiß mit 5 auf 14 spielen und leben. Die untere schwarze Gruppe muss sich dann auch mit Nachhand ein Leben sichern und Weiß kann die zwei Schnittsteine fangen. Lokal wäre das Ergebnis ein bisschen besser für Schwarz, aber die Partie wäre noch lange nicht zu Ende.

Weiß 50 ist die einzige Kompensation, die Weiß für den Verlust der Ecke erhält...

Figur 2, Züge 51-100

Schwarz 51: Wenn Schwarz auf 54 antwortet, gewinnt Weiß das Semeai.

Schwarz 53: Sicherer aber etwas fade wäre 55.

Weiß 64: 65 wäre mir unangenehmer gewesen.

Weiß 82: Versucht etwas krampfhaft, Schwarz die Augenform zu rauben.

Schwarz 89: deckt alle Schwächen mit guter Form. Weiß hat nicht mehr erreicht als knapp 20 Punkte am oberen Rand gesichert und zwei unangenehme Schnittsteine gefangen. Die 20 Punkte, die Schwarz im weißen Einflussgebiet gemacht hat, sind damit aber nicht kompensiert. Daher spielt Weiß auch in der Folge etwas exzentrisch: Er muss Komplikationen schaffen und auf einen schwarzen Fehler hoffen.

Figur 3, Züge 100-150

Diagramm 3
 
7 deckt auf 4

Schwarz 131, 133: Schwarz schenkt hier ein paar Punkte her - 131 auf 134 wäre profitabler, aber der Fehler ist nicht tragisch.

Schwarz 141, 143: Plötzlich sieht es so aus, als hätte Weiß sein Ziel erreicht und Schwarz in eine heikle Situation gebracht. Schuld ist 141: 142 wäre sicherer gewesen. Einmal 141 gespielt hätte Schwarz allerdings genauer rechnen müssen:

Diagramm 3: Statt 143 ist der Schnitt auf 1 möglich! Die weiße Formation in der rechten unteren Ecke hat nur sehr wenige Freiheiten und kann aufgrund von Damezumari (Mangel an Freiheiten) keine zwei Augen machen (Schwarz 19!). Diese Variante hätte zu einem früheren Ende der Partie geführt.

Figur 4, Züge 151-183

Schwarz 151: Schwarz wacht aus seiner vorübergehenden Lethargie wieder auf und spielt den härtesten Zug.

Weiß 162 und 164 sind eine zu plumpe Art, den Schnittstein zu fangen. Mehr Chancen hätte Weiß, wenn er zuerst Druck auf die rechte obere Ecke ausüben würde. Die Abfolge nach 165 ist forciert.

Weiß 176: Weiß müsste hier noch einmal nachgeben, doch Schwarz würde dann zwei weiße Steine fangen und damit die isolierte schwarze Gruppe endgültig aus jeder Gefahr erretten und Gebiet machen. Weiß hätte zwar das schwarze Gebiet am rechten Rand reduziert, doch auch sein eigenes Gebiet am oberen Rand wäre kaum noch 10 Punkte groß. Nach 176 lässt sich allerdings der Fang von elf weißen Steinen nicht mehr verhindern. Weiß gibt nach 183 auf.

Die Partie kippte nach dem ersten Kampf zu meinen Gunsten. Obwohl ich danach besonders in der linken oberen Ecke ein wenig riskant spielte - vielleicht zu riskant, angesichts des Anfangserfolges - hatte ich nie das Gefühl, dass meine Führung in Gefahr sei. Franz musste zu umso riskanteren Manövern Zuflucht nehmen und gab auf, als diese nicht zum Erfolg führten.

Pok, Dezember 2003

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Last update: Oct 2004